Seite 14 - Bruggbeckle

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Maß. Die Herre auf den Burgen, die Pfaffe in den Klöstern haben
uns am End g'ringer geacht' als wie das Vieh und mit uns getan,
als wären wir War' wie Brot und Salz und nit Menschen, alle vom
Herrgott gleich erschaffen und durch Christi Blut erlöst, alle zur
gleichen göttlichen Lieb'. Die wenigen Freien, die noch den Namen
führen, drückt und plackt man in aller möglichen und unmöglichen
Weis', und so hat da zum Beispiel allein der gnädige Herr Fürstabt
von Kempten - dessen Seel' ich dem Erzengel Luzifer empfehle -
im Laufe seiner Regierung mehr denn tausend freie Bauern in die
Leibeigenschaft hineingezwungen. Ist das Art und Recht eines Die-
ners Christi? Pfui Teufel! Und als wir Klage führten beim Kaiser
und dem Schwäbischen Bund, hat er nicht auf einen gefälschten
Brief einen Meineid geschworen, der zum Himmel stinkt, bloß um
sein grausam' Unrecht zu stützen? Heißt das etwa die Nachfolge
Christi treiben? Und als im vorigen Jahr er mit seiner - Gott schütz
mich! - Hure Gretiana auf Liebenthann saß - mußten nicht mitten
in der Ernte die Bauern von den Feldern weg und der fürstäbtlichen
Hure einen Badzuber voll Nesselblüh sammeln, weil's ein italie-
nisch Rezept ihr geheißen, daß sie also für ihren gelüstigen Herrn
einen schmackhaften Geruch würd' bekommen.“
Ganz Altusried befand sich von 3. Juli bis zum 29. Au-
gust 1999 im
Bauernkrieg-Fieber
- und das gesamte
Allgäu dazu, wenn man das außergewöhnliche Interes-
se und die Zuschauerzahlen betrachtet. Nahezu 70.000
Besucher haben die Spiele verfolgt und es wollten noch
weit mehr kommen. Nicht nur Petrus war den insgesamt
28 Aufführungen in zwei Monaten wohlgesonnen. Die
Spiele verliefen äußerst erfolgreich ohne Zwischenfälle
und größere Pannen.
Nach vierjähriger Pause konnten die Allgäuer Freilicht-
spiele Altusried ihre 120-jährige Tradition fortführen
und 1999 erstmals unter der neuen Tribünenanlage die
Zuschauer in ihren Bann ziehen. Zur Aufführung kam
das Stück
Anno 1525 - Bauernkrieg im Allgäu
, das
1986 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde.
Die Altusrieder Freilichtspieler bemühten sich mit ei-
nem Aufgebot von 500 Darstellern, 30 Pferden, Wagen,
Kutschen, Kanonen, mehreren musikalischen Formati-
onen, Gauklern und vielen anderen Überraschungen,
die Stimmung des Bauernkrieges einzufangen und den
Zuschauern ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Dem
vielen Lob und der großen Anerkennung war zu ent-
nehmen, dass die Aufführungen den Zuschauern ebenso
viel Freude bereiteten wie den Mitwirkenden selbst.
Von ungeheurer Bedeutung für die Wirkung einer his-
torischen Freilichtaufführung sind die Kostüme: Zwar
verfügt Altusried aufgrund seiner Tradition über einen
Fundus, der sich sehen lassen kann, aber trotzdem wer-
den für jedes Spiel neue Kostüme geschneidert, alte um-
geschnitten oder repariert. So haben 14 Näherinnen an
21 Nachmittagen über 1.000 Stunden investiert und da-
bei unglaubliche Mengen Material verarbeitet: 16 Kilo
Knöpfe, 90 Kilo Vorhang- und Polsterstoffe, 1.000 Haken
und Ösen.
(www.freilichtbuehne-altusried.de)