Seite 40 - Bruggbeckle

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von einem Kreuzer an den Zolleinnehmer Josef Anton
Weinmüller, Schreinermeister in Lechbruck.
Auch die Männer trugen damals schon lange Haare. Jo-
sepha Weinmüller, geb. 30. März 1805, HNr. 115, sah
noch den Obmann (Bürgermeister) Ulrich Reiber mit
einem langen Haarzopf, den er geflochten über dem
Rücken trug. Gegen Ende der zwanziger Jahre hat Rei-
ber denselben dann abgeschnitten.
1806 ereignete sich ein großer Kirchendiebstahl, der
Dieb wurde bald darauf gefasst, einen Namen will ich
hier nicht nennen.
Aus Sameister stammte ein Wildschütz, der 1797 in ei-
nem Prozess zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wur-
de und im Gefängnis zu Buchloe seine Strafe absitzen
musste. Das hinderte ihn aber nicht, sich nach seiner
Entlassung um das höchste Amt in einer Gemeinde zu
bewerben. Er wurde dann Obmann in Lechbruck, weil
man von seiner Strafe hier nichts wusste.
1807 brannte die Grubmühle ab, das Holz zum Wie-
deraufbau konnte alsbald angefahren werden, denn der
Winter war gelinde.
Im Jahre 1811 wurden die Lechbrucker Viehweiden
verteilt. Viele Teile wurden verschenkt oder für ein
Spottgeld verkauft.
Ein Freund von Konrad Knappich war der Bauer Anton
Wohlfahrt in Loxhub, Gemeinde Bernbeuren. Er wohn-
te im Haus Nr. 199 und war bereits neunzig Jahre alt.
Dieser erzählte Folgendes: In den Jahren 1770/71 war
die Hungersnot so groß, dass sein Großvater und sein
Nachbar aus dem Haus Nr. 200 in allerhöchster Not
zwei Pferdefuhrwerke zusammenstellten, um nach Ita-
lien zu fahren und Getreide zu kaufen. Denn Getreide
war weit und breit auch für teures Geld nicht zu bekom-
men. Der Hunger war so groß, dass die Menschen Gras
verzehrten und Baumschwämme kauten, um das Hun-
gergefühl zu unterdrücken.
Die Fahrt übers Gebirge dauerte lange und als endlich
die Fuhren mit dem Getreide in Lechbruck ankamen,
warteten schon eine Menge Leute mit leeren Säcken auf
die mit Getreide beladenen Fuhrwerke.
Die Hälfte des Getreides wurde an die Leute verteilt, die
andere Hälfte wurde zum Säen verwendet.
Zur selben Zeit stritten sich in Lechbruck zwei Hirten-
jungen um eine Ratte, die sie gefangen hatten und auf
dem Hirtenfeuer braten wollten, bis einer tödlich ver-
letzt wurde.
Ein Tagelöhner in Lechbruck verkaufte sein landwirt-
schaftliches Grundstück um einen Laib Brot. Dieses
Grundstück heißt heute noch Laiblaschanz.
Im Jahre 1809 florierte der Handel mit Viktualien, das
sogenannte Kaudern. Es fuhren wöchentlich sechs Flö-
ße mit Schmalz, Brettern, Kühen, Ochsen, Kälbern,
Wildpret, Enten und Hühnern den Lech hinunter bis
nach Augsburg. Der Kauderer (Händler) hieß Stoffel,
genannt Heurestoffel.
Weitere Kauderer waren Fichtl (Angerender) Ott, Fi-
scher, Hirtenhans, Gassenschlosser, Wind und Feuer-
stein. Den einzigen Pflug in Lechbruck besaß der Jäger-
wirt Seißel. Erst 1815 vermehrten sich die Pflüge.
In Lechbruck gab es 1809 sechs Brauhäuser und sechs
Bäckereien.