Seite 41 - Bruggbeckle

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Knappich schreibt weiter: Der Lechbrucker Jäger An-
dreas Brucker erschoss 1780 einen Schongauer Wild-
schützen, den Schellenwirt. Sein Bruder, der Schel-
lenjörgl, wollte daraufhin den Jäger erschießen, was er
dann doch nicht ausführte.
Wohlfahrts Vater ging 1770 auch zum Wildern, da-
bei wurde ihm von einem Jäger die Kappe vom Kopf
geschossen. Er sollte sich gefangen geben, aber dann
tauchten plötzlich im Rücken Wohlfahrts seine sechs
Genossen auf und schlugen den Jäger in die Flucht.
Wohlfahrt blieb unerkannt, aber der Hunger wurde
unerträglich. Es wurden wieder Baumschwämme und
Kräuter gekaut und damit der Hunger gestillt. Knechte
und Mägde dienten nur um das Essen. Wenn man zu
Fuß in Kempten ein Schäffel Getreide holte, kostete die-
ses 100 Kreuzer.
Wohlfahrt war auch dabei, als man die Kindsmörderin
Barbara Selb aus Oberdorf am 8. Juni 1804 mit dem
Schwert hinrichtete.
Im Jahre 1804 veranstaltete der Kurfürst Klemens
v. Wenzeslaus eine große Treibjagd in der Umgebung
von Bernbeuren. Die Kinder mussten mit Holzklappern
das Wild aus den Tälern zusammentreiben, dann wur-
den große Netze ausgespannt und das Wild darin lebend
gefangen. Anschließend ließ sich seine Durchlaucht, der
Kurfürst, in einer Sänfte durch das Revier tragen, um
die Jagdbeute zu begutachten.
Knappich schreibt: Trotzdem hat es auch zu fürstlichen
Zeiten allerhand Beschwerden gegeben.
1809 fielen die Franzosen in Bernbeuren ein. Wohlfahrt
fütterte gerade das Vieh, da stürmten sie ins Haus. Sie
hatten ihr Heerlager beim Holzbauern gegen Lech-
bruck zu errichtet.
Auf der Viehweide waren 12 Stück Hornvieh und vier
Pferde. Doch das Vieh interessierte die Feinde nicht. Sie
setzten dem verängstigten Vater das Bajonett auf die
Brust und schrien: „Bauer Bugertaler!“
Mein Vater aber hatte sein Geld vergraben und gab ih-
nen nur sein Taschengeld, einige Kreuzer. Die Soldaten
durchsuchten daraufhin das ganze Haus und nahmen
ein Gewehr und einen Säbel mit.
Am nächsten Tage kamen die Soldaten gleich dreimal,
immer drei Mann, sie wollten nur Geld und Silberge-
genstände, aber sie nahmen auch sonst noch mit, was
sie brauchen konnten. Diese Soldaten gingen hinauf bis
nach Sulzschneid und erlegten dort viele Hirsche und
Rehe.
In Bernbeuren waren 70 Mann Franzosen einquartiert,
und zwar sehr lange, das kostete die Bauern viel Geld,
weil sie die Soldaten verköstigen mussten und nicht aus
dem Dorf hinaus durften.
Hier enden die Notizen Knappichs. Seine letzten Le-
bensjahre liegen völlig im Dunkel der Vergangenheit.
Seine aufschlussreichen Notizen aus dem 2. Band blie-
ben uns aber als Vermächtnis des achtzehnten und
neunzehnten Jahrhunderts erhalten.