Seite 42 - Bruggbeckle

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Drei Paar Flößerstiefel
Mein Urgroßvater Georg Anton Keller, Bäckermeister
und Flößer in Lechbruck, und sein Flößer-Kollege Re-
migius landeten 1838 nach einer abenteuerlichen Floß-
fahrt auf dem Lech und auf der Donau in Kien an. Das
Floß wurde verkauft und jetzt hockten sie in der alten
Flößerkneipe „Zum Donaudampfer“, nur um zu fres-
sen, zu saufen und zu rauchen. Das ging jetzt die ganze
Nacht durch und acht bis zehn Maß Weizenbier liefen
so nebenbei die ausgetrockneten Gurgeln hinunter. „Ein
gutes Geschlürf habt ihr hier“, brummte der Anton und
der Remige nickte zustimmend.
Früh am Morgen betraten drei junge Studenten die
Gaststube. Mein Urgroßvater winkte sie heran: „Kommt
her, trinkt eine Maß Weizenbier mit uns.“ „So früh am
Morgen schon Bier“, meinten sie, „das sind wir nicht
gewohnt.“
„Was seid ihr bloß für Papper? Wenn ich in drei Paar
Flößerstiefel hineinscheiß, dann wachsen andere Kerle
heraus, als ihr es seid“, sagte der Anton.
Jetzt winkte er der Kellnerin. „Du hast mir keinen Li-
monenschnitz ins Bier getan.“ „Doch Anton, ich hab
einen großen Schnitz hineingetan.“ „Ja“, bezeugte jetzt
der Remige, „ich hab's gesehen, sie hat einen Limo-
nenschnitz hineingetan.“ „Also, nocha muss i ihn na-
oschluckt hau, weil ans Maul gstoaße isch mer nix.“
Die beiden soffen lustig weiter und der Lohn war schon
längst verbraucht. Daher hielt sie der Wirt jetzt fest, bis
mein Großvater Otto mit dem nächsten Floß kam, und
das konnte Tage dauern. Dieser löste dann die beiden
mit seinem Lohn bei dem Wirt aus.
Anschließend marschierten die drei mit ihren Ledersä-
cken auf der staubigen Landstraße in Richtung Lech-
bruck. Nach zehn Tagen sahen sie den Lechbrucker
Kirchturm, und in Lechbruck angekommen, wartete
schon auf dem oberen Floßbindeplatz ein riesiger Hau-
fen Rundholz auf den Abtransport.
Sie machten sich sogleich an die Arbeit, banden ein gro-
ßes Floß zusammen, zündeten ihre Pfeifen an und ein
neues Abenteuer begann.