Seite 78 - Bruggbeckle

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Floßführer wurden die dreihundertzwanzig Meter lange
Floßgasse hinuntergespült. Mit langen Haken zog man
sie dann tot aus dem Kehrwasser.
Die beiden anderen wurden zwischen den Baumstäm-
men eingequetscht, und der Wärter am Hochablass zog
sie nach langen Bemühungen mit einem Rettungshaken
auf den Betonsockel.
Die Stämme wurden nun einzeln durch die Floßgasse
hinunterbefördert und inzwischen war auch schon der
Sanitätswagen angefordert worden.
Als man die beiden Verletzten dann liegend in den
Krankenwagen hob, stellte man beim einen schwere
Quetschungen im Brustbereich fest. Der andere hatte
einen Schock und war bewusstlos. Noch während der
Fahrt ins Krankenhaus erwachte der Bewusstlose und
machte den Sanitätern klar, dass er auf keinen Fall ins
Krankenhaus wolle, sie sollten ihn gleich beim Stock-
hauswirt abliefern. Dort erholte er sich nach einer Maß
Bier zusehends.
Inzwischen wurden die Stämme an einer geeigneten
Stelle unterhalb der Floßgasse an Land gezogen und
provisorisch zusammengebunden. Gleich darauf be-
nachrichtigte man den zuständigen Floßmeister in
Lechbruck über das Unglück. Dieser stoppte wegen der
Todesfälle diese Fahrt und verkaufte mit Verlust das gan-
ze Floß an das nächstgelegene Sägewerk.
Immer wieder kam es bei der Floßfahrt zu tödlichen Un-
fällen, und man kann sich heute kaum mehr vorstellen,
was es bedeutete, wenn der Ernährer einer Großfami-
lie nicht mehr heimkam. Keine Rücklagen, keine Rente
oder sonstige finanzielle Absicherung. Darum wurden
die Kinder oft schon mit zehn Jahren zu den Bauern
geschickt, um kleine Dienste zu verrichten, nur damit sie
vom Tisch weg waren.
Nach dem Bau der Eisenbahnlinie gehörten diese Un-
glücksfälle der Vergangenheit an. Leider konnte ich die
Namen der tödlich verunglückten Flößer nicht mehr er-
mitteln. Trotzdem erhalten sie durch diese Geschichten
ein ehrendes Andenken.
Das Allgäuer Fichtenholz war in den Städten Augsburg,
Ingolstadt und Regensburg sehr begehrt. Das Holz in
den Wäldern um Regensburg war damals im Besitz der
Grafen von Pocci. Diese ließen die Stämme durch ihre
Flößer auf der Donau als Grubenholz für den rumä-
nischen Kohlebergbau transportieren. Das Holz des
Bayerischen und des Böhmerwaldes wurde hauptsäch-
lich als Brennholz für die Schmelzöfen der Glashütten
verwendet.
Die Kraftwerksbetreiber am Lech wollten aber schließ-
lich den teuren Unterhalt der Floßgassen nicht länger
aufrechterhalten und ließen diese verfallen, was dann
das endgültige Aus für die Floßfahrt bedeutete.