Seite 9 - Bruggbeckle

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Die Eltern
Dr. Otto Keller war eines von fünf Kindern eines
Bäckermeisters : zwei Mädchen, drei Buben.
Geboren 1907, hat er schon in seiner Studienzeit viel
gelesen, sich mit Geschichte beschäftigt und erste Tex-
te geschrieben. 1931 hat er ein Haus in Füssen gebaut
und sich als praktischer Arzt niedergelassen. Doch die
glückliche Zeit der Familie mit drei Kindern nahm bald
ein Ende: Er war Stabsarzt im Gebirgsjägerregiment in
Füssen und wurde gleich zu Kriegsbeginn eingezogen.
„Du brauchst keine Sorge haben, ich bin im Sanitätszelt,
da passiert nichts“, versuchte er seine Frau Elisabeth zu
beschwichtigen. Als er am 16.9.1939 auf einem riesigen
Schlachtfeld bei Lemberg nach den Verwundeten schau-
en wollte, wurde er von einem Heckenschützen durch
Kopfschuss getötet. Georg Keller, Jahrgang 1933, weiß
nicht mehr allzuviel vomVater: In Erinnerung geblieben
ist ihm, dass er militärisch streng war.
Die Mutter hatte keine Rente und auch kein Vermögen,
da der Vater die Praxis nur acht Jahre betrieb. Sie war 43
Jahre alt, als er starb. Sie hat sich mit ihren drei Kindern
„durchgewurschtelt“. „Sie hat uns zum Hamstern ge-
schickt nach Weißensee – Butter, Milch, Mehl. Wir ha-
ben Krawatten mitbekommen vom Vater, auch Westen
und Joppen. Die Bauern trugen diese Lumpen jahrelang,
die Butter war schneller aufgebraucht.“
Während Bruder Stephan und Schwester Elisabeth noch
zur Schule gingen, stellte sich bald die Frage: „Was ma-
chen wir mit dem Georg?“ Die Geschwister seines Vaters
Georg (er wurde 95 Jahre) und Anna (92) führten die
vom Lechbrucker Großvater übernommene Bäckerei mit
Landwirtschaft weiter. „Ein Bäcker hungert nie,“ war ei-
nes der Argumente für Georgs Berufswahl, die Aussicht
auf spätere Übernahme des Betriebs ein anderes.